Wissenswertes über Orchideen

Behaarter Frauenschuh (Cypripedium pubescens) in der Tundra Neufundlands
Behaarter Frauenschuh (Cypripedium pubescens) in der Tundra Neufundlands

Orchideen besiedeln die ganze Welt.
Vom Rande der Wüsten bis zum Polarkreis und vom Meeresspiegel bis in die Hochlagen der Gebirge findet man sie.

Etwa 30.000 Arten gibt es weltweit, davon in Europa aber nur etwa 500 und etwa 80 in Deutschland.

 

Der Reiz des Besonderen und Seltenen umgibt die Orchideen.

Das liegt zum einen an ihrer exotischen Gestalt. Ihre extreme Form- und Farbvariabilität ist im Pflanzenreich einmalig.

Nicht zu Unrecht gelten sie deshalb auch als die Edelsteine unserer Flora.

Hybrid zwischen Spiegel- und Wespenragwurz (Ophrys speculum X tenthredinifera), Sardinien
Hybrid zwischen Spiegel- und Wespenragwurz (Ophrys speculum X tenthredinifera), Sardinien

Zum anderen zeigen Orchideen auch faszinierende biologische Eigenheiten.

Die Orchideenblüte bedient sich raffinierter Tricks, um Bestäuber anzulocken.

Dabei sind die Mechanismen bei einigen Arten wahrhaft abenteuerlich.

Manche locken ihre Bestäuber mit Nektar, andere täuschen dagegen nur Nektarangebot vor.

Ragwurzblüten locken gar mit sexuellen Reizen, indem ihre Blüte ein paarungswilliges Weibchen einer bestimmten Insektenart (oft Bienen) imitiert.

 

Die häufig zu beobachtende Hybridisierung von Orchideenarten,  speziell bei den Knabenkräutern (Gattung Dactylorhiza und Orchis-) und den Ragwurzen (Ophrys-) ist überaus bemerkenswert und ein Indiz für die genetische Instabilität. 

Dies zeigt anschaulich den aktiven Evolutionsprozess innerhalb dieser noch jungen Pflanzenfamilie.

 

Orchideen hierzulande

Herbstdrehwurz (Spiranthes spiralis), Mittelfranken
Herbstdrehwurz (Spiranthes spiralis), Mittelfranken

Unsere heimischen Orchideen sind im Gegensatz zu den Zimmerorchideen oder ihren tropischen Verwandten meist kleiner und weitaus unauffälliger.

Nichtsdestotrotz begeistern sie den Naturfreund mit ihrer verborgenen Schönheit und ihren bizarren Blütendetails.

 

Die Seltenheit vieler Orchideen hängt mit ihrer komplizierten Lebensweise zusammen. Auf jede Veränderung ihres Lebensraums reagieren sie äußerst empfindlich.

Unsere heimischen Arten besiedeln fast ausnahmslos magere bzw. nährstoffarme Standorte, die für eine ökonomisch sinnvolle Bewirtschaftung unrentabel geworden sind.

Aufgrund der Industrialisierung und des Strukturwandels der Land- und Forstwirtschaft sind in den letzten 100 Jahren zahlreiche Arten ausgestorben oder sehr selten geworden. 

 

Leider stehen heute viele Orchideen auf der Roten Liste der gefährdeten Pflanzenarten.

Reichhaltiger Bestand von Fuchs-Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii) an einer stark befahrenen Bundesstraße
Reichhaltiger Bestand von Fuchs-Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii) an einer stark befahrenen Bundesstraße
Fuchs-Knabenkraut
Fuchs-Knabenkraut

Während viele Arten inzwischen stark bedroht und sehr selten geworden sind, so gibt es doch auch einige Spezies, die sich dem Wandel der Landschaft angepasst haben sowie in ihren ökologischen Ansprüchen sehr flexibel zeigen und menschliche Infrastrukturen und Siedlungsräume zu nutzen wissen. 

Zu solchen Sekundärbiotopen zählen beispielsweise Stadtparks, Friedhöfe, stillgelegte Steinbrüche, Straßenböschungen und Waldwege. Einige Arten, wie z. B. die Breitblättrige Stendelwurz (Epipactis helleborine) oder das Fuchs-Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii) profitieren mancherorts stark von diesen ökologischen Nischen.

 

Besonders aufgelassene Steinbrüche oder Kiesgruben sind mittlerweile zu äußerst wertvollen Ersatzlebensräumen auch anderer seltener Arten (z. B. Reptilien, Amphibien, Libellen und Vögel) geworden und deshalb für den Naturschutz sehr wichtig. 

Orchideen und Klimawandel

Zunehmend milde Winter, steigende Jahresdurchschnitts-Temperaturen und immer stärkere Sonneneinstrahlung in den letzten Jahren zeigen signifikante Auswirkungen in unserer heimischen Flora.

Früher seltene Arten, die nur in den klimatisch wärmsten Gegenden Deutschlands zu finden waren, breiten sich seit einigen Jahren in allen Landesteilen immer mehr aus.

Unter den Orchideen zählen u. a. die Bocks-Riemenzunge (Himantoglossum hircinum) und einige Ragwurze (Ophrys) zu den Vertretern, die auf dem Vormarsch sind und sich in geeigneten Biotopen gut vermehren. Die Bocks-Riemenzunge ist inzwischen mancherorts (vor allem im Süden Deutschlands) keine Seltenheit mehr und kann stellenweise sogar zahlreich an Feldrainen und Straßenböschungen entdeckt werden. Ausbreitungstendenz steigend!

 

Nutznießer des Klimawandels

Bocks-Riemenzunge (Himantoglossum hircinum)
Bocks-Riemenzunge (Himantoglossum hircinum)
Hummelragwurz (Ophrys holoserica)
Hummelragwurz (Ophrys holoserica)
Violetter Dingel (Limodorum abortivum)
Violetter Dingel (Limodorum abortivum)